Der Aufhebungsvertrag

Eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen enden nicht mit einer Kündigung einer Vertragspartei, sondern durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ein Aufhebungsvertrag ist im Prinzip nichts anderes als eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Inhalt, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zu sofort oder zu einem bestimmten Termin enden soll. Eine rückwirkende Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ist nur dann möglich, wenn dieses bereits außer Vollzug gesetzt war.

Neben dem Umstand der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden in einem Aufhebungsvertrag aber häufig auch noch einige weitere Punkte geregelt (z.B. der Anspruch auf eine Abfindung, die Herausgabe von Unterlagen, usw.). Ein Aufhebungsvertrag wird oft auch als „Auflösungsvertrag“ oder „Beendigungsvertrag“ bezeichnet.

Ein Aufhebungsvertrag kommt wie jeder Vertrag durch Angebot und Annahme zustande. Eine Vertragspartei muss also der anderen den Abschluss eines Aufhebungsvertrages anbieten und die andere Partei muss dieses Angebot annehmen.

Häufig geht die Initiative zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages vom Arbeitgeber aus. Grund dafür ist, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrages für den Arbeitgeber oft die einzige Möglichkeit ist, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer rechtswirksam zu beenden, weil eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam wäre (z.B. weil kein Kündigungsgrund vorliegt, weil der Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz genießt, oder weil dieser ordentlich „unkündbar“ ist). Der Arbeitgeber kann häufig viel Geld sparen und einer Menge Arbeit und Ärger aus dem Weg gehen, wenn es ihm gelingt, den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen anstatt eine Kündigung aussprechen zu müssen. Diese Vorteile sind für einige Arbeitgeber so wichtig, dass sie mit allen Mitteln versuchen, den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu erreichen und den Arbeitnehmer zu diesem Zweck „überrumpeln“ oder unter Druck setzen. Häufig führt dies dazu, dass Arbeitnehmer für sie äußerst ungünstige Aufhebungsverträge unterzeichnen.

Vorsicht bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages!

Arbeitnehmer sollten bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages immer sehr vorsichtig sein. Denn eine einzige Unterschrift genügt, um das Arbeitsverhältnis rechtlich wirksam und endgültig zu beenden. Mit der Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag gibt der Arbeitnehmer unter Umständen eine äußerst starke Rechtsposition auf, die mehrere 1.000,00 EUR, mehrere 10.000,00 EUR oder sogar noch mehr wert sein kann.Ist aber ein Aufhebungsvertrag erst einmal unterzeichnet, ist es sehr schwierig, sich wieder davon zu lösen. In den weitaus meisten Fällen wird dies sogar überhaupt nicht mehr möglich sein. Ein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht gibt es in der Regel nicht.Nicht zuletzt kann auch eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen.

Nach einer gründlichen Prüfung des Aufhebungsangebots und einem sorgfältigen Abwägen der Vor- und Nachteile spricht aber am Ende nichts gegen den Abschluss eines solchen Vertrages, wenn der Arbeitnehmer sich über die Konsequenzen im Klaren und mit diesen einverstanden ist.

Ein fairer Aufhebungsvertrag kann schließlich für beide Seiten – auch für den Arbeitnehmer – Vorteile haben:

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sich nicht vor dem Arbeitsgericht über die Wirksamkeit einer Kündigung streiten
  • keine Ungewissheit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie häufig bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung; beide Seiten können ihre Zukunft besser planen
  • das persönliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird geschont
  • beide Seiten können Gerichts- und Anwaltskosten sparen, die ggf. bei einem Kündigungsschutzprozess anfallen würden
  • der Beendigungszeitpunkt kann frei gewählt werden, es müssen keine Fristen eingehalten werden
  • „diskrete“, den Arbeitnehmer weniger belastende Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Fällen, in denen eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers in Betracht kommt
Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag

Der Aufhebungsvertrag ist von dem sogenannten Abwicklungsvertrag zu unterscheiden. Der Unterschied zwischen beiden Vertragsarten besteht darin, dass bei einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis einvernehmlich ohne Ausspruch einer Kündigung beendet werden soll, während bei einem Abwicklungsvertrag immer bereits eine Kündigung vorliegt. Im Abwicklungsvertrag wird die Kündigung durch den Arbeitnehmer hingenommen und es werden die weiteren Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Zahlung einer Abfindung, tatsächlicher Beendigungszeitpunkt, Arbeitszeugnis, Herausgabe des Dienstwagens usw.) geregelt.

Voraussetzungen für einen wirksamen Aufhebungsvertrag

Ein Aufhebungsvertrag muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit er rechtliche Wirkung entfalten und tatsächlich zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann:

Schriftform

Ebenso wie bei einer Kündigung ist auch die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages an die Einhaltung der Schriftform gebunden (§ 623 BGB). Ist die Schriftform nicht eingehalten, entfaltet der Aufhebungsvertrag keinerlei rechtliche Wirkungen und das Arbeitsverhältnis besteht über den im Aufhebungsvertrag bezeichneten Beendigungstermin unverändert fort.

Die Einhaltung der Schriftform setzt voraus, dass der Aufhebungsvertrag schriftlich abgefasst und sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber (oder seinem Vertreter) eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet ist. Auf keinen Fall ausreichend ist ein mündlicher Vertragsschluss.

Ebenfalls nicht ausreichend ist z.B. ein Vertragsschluss per

  • E-Mail (auch nicht mit qualifizierter elektronischer Signatur)
  • Telefax

Kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot

Der Aufhebungsvertrag darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.

Äußerst problematisch sind Aufhebungsverträge im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang bzw. einer Betriebsveräußerung. Denn das Gesetz verbietet in § 613a Abs. 4 BGB Kündigungen, die wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen werden. Kündigungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind unwirksam. Der Gesetzgeber wollte durch diese Vorschrift dafür Sorge tragen, dass die Arbeitsverträge jedes einzelnen Arbeitnehmers des veräußerten Betriebs auch nach der Betriebsveräußerung gegenüber dem neuen Betriebsinhaber unverändert fortbestehen.

Das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB könnte nun durch den Arbeitgeber dadurch umgangen werden, dass er – anstatt Kündigungen auszusprechen – mit den Arbeitnehmern einfach Aufhebungsverträge abschließt. Die Umgehung eines gesetzlichen Verbots hat aber grundsätzlich die Unwirksamkeit des Umgehungsgeschäfts zur Folge. In vielen Fällen kann deshalb ein in Zusammenhang mit einem Betriebsübergang geschlossener Aufhebungsvertrag wegen Umgehung des Kündigungsverbotes des § 613a Absatz 4 BGB unwirksam sein.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Unter Umständen kann es dem Arbeitgeber auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf einen geschlossenen Aufhebungsvertrag zu berufen. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein, ist allerdings noch ungeklärt.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat in einer Entscheidung vom 03.07.1991 (die sogenannte „Überrumpelungsentscheidung“) einmal die folgenden Grundsätze aufgestellt:

  • Wenn sich der Arbeitgeber auf eine Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beruft, dann handelt es sich in der Regel dann um eine unzulässige Rechtsausübung, wenn die Vereinbarung derart zustandegekommen ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem Gespräch bittet, das Thema des Gespräches nicht mitteilt, in diesem Gespräch den Arbeitnehmer zu einem Auflösungsvertrag veranlasst und ihm keine Bedenkzeit und auch kein Rücktrittsrecht einräumt.
  • Kommt die Auflösungsvereinbarung unter derartigen Umständen zustande, hat der Arbeitnehmer ein Widerrufsrecht, das den Vertrag aufhebt, wenn es unverzüglich in Anspruch genommen wird.

Dieses Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig geworden. Im Ergebnis wurde es jedoch vom Bundesarbeitsgericht – mit einer anderen Begründung – bestätigt.

Keine Sittenwidrigkeit

Der Aufhebungsvertrag darf nicht aufgrund seines Inhalts sittenwidrig sein.

Ein Aufhebungsvertrag kann z.B. dann sittenwidrig sein, wenn der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückdatiert wird.

Ein Aufhebungsvertrag ist dagegen noch nicht allein deshalb sittenwidrig, weil dem Arbeitnehmer vor dem Vertragsschluss keine Bedenkzeit eingeräumt worden ist oder weil der Vertrag keine Abfindung vorsieht. Etwas anderes kann gelten, wenn besondere Umstände hinzukommen, die den Aufhebungsvertrag nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen.

Keine Geschäftsunfähigkeit

Wie jeder Vertrag ist auch ein Aufhebungsvertrag dann unwirksam, wenn eine der beteiligten Personen bei Vertragsschluss – dauernd oder vorübergehend – geschäftsunfähig war.

Geschäftsunfähig ist u.a., wer sich „in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet“. Dies ist dann der Fall, wenn der Vertragsschließende nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen.

Eine vorübergehende Geschäftsunfähigkeit, die den Vertragsschluss unwirksam macht, kann z.B. vorliegen bei

  • Trunkenheit (regelmäßig aber mehr als 3 Promille erforderlich)
  • Drogeneinfluss
  • bestimmte Erkrankungen, z.B. Fieber
  • Hypnose

Widerruf, Rücktritt & Anfechtung

Eine einzige Unterschrift eines Arbeitnehmers kann genügen, um ein Arbeitsverhältnis rechtlich wirksam und endgültig zu beenden. Mit der Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag gibt der Arbeitnehmer unter Umständen eine äußerst starke Rechtsposition auf. Es kommt deshalb häufig vor, dass ein Arbeitnehmer den Abschluss eines Aufhebungsvertrages bereut und diesen gerne wieder rückgängig machen würde.

Will sich ein Arbeitnehmer von einem Aufhebungsvertrag lösen, kommen grundsätzilch die folgenden Möglichkeiten in Betracht:

Widerrufsrecht & Rücktrittsrecht beim Aufhebungsvertrag

Ist der Aufhebungsvertrag wirksam zustande gekommen und liegen keine besonderen Umstände vor, ist der Arbeitnehmer in der Regel an den Aufhebungsvertrag gebunden und das Arbeitsverhältnis ist endgültig beendet. Ein Arbeitnehmer, der einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, hat in der Regel keine Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen oder von diesem zurückzutreten.

Der Arbeitnehmer hat aber dann ein Widerrufsrecht oder Rücktrittsrecht, wenn dies

  • in einem Tarifvertrag
  • in dem Aufhebungsvertrag

vorgesehen ist.

Besteht kein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht, kann der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag unter Umständen durch eine Anfechtung zu Fall bringen. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Anfechtung eines Aufhebungsvertrages

Das Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zu einem Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen, kann u.a. wegen der finanziellen Bedeutung eines solchen Vertragsschlusses so groß sein, dass der Arbeitgeber dabei Mittel einsetzt, die die Grenze des Zulässigen überschreiten. In solchen Fällen kann dem Arbeitnehmer das Recht zustehen, sich durch eine Anfechtung von dem Aufhebungsvertrag zu lösen.

Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung

Nicht selten kommen Fälle vor, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer androht, eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung auszusprechen, wenn der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollte. Gibt der Arbeitnehmer in einer solchen Situation dem vom Arbeitgeber aufgebauten Druck nach und unterschreibt den ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag, kann er dies einige Zeit später ggf. bereits wieder bereuen.

In einem solchen Fall kann dem Arbeitnehmer unter Umständen das Recht zustehen, den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung nach § 123 BGB anzufechten. Ist die Anfechtung erfolgreich, wird der Aufhebungsvertrag rückwirkend unwirksam. Das bedeutet, das Arbeitsverhältnis besteht rechtlich gesehen so fort, als wäre nichts geschehen.

Anfechtungsrecht bei Drohung mit einer Kündigung:Ein Anfechtungsrecht des Arbeitnehmers besteht grundsätzlich dann, wenn ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.
Eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages durch den Arbeitnehmer wegen widerrechtlicher Drohung kommt aber nicht nur in den Fällen in Betracht, in denen der Arbeitgeber mit einer außerordentlichen Kündigung droht. Auch bei der Drohung mit einer ordentlichen Kündigung oder bei einer Drohung mit ganz anderen Maßnahmen oder Nachteilen kann ein Recht des Arbeitnehmers zur Anfechtung des unterschriebenen Aufhebungsvertrages bestehen.

Beispiele:
  • Drohung mit einer Strafanzeige
  • Drohung mit körperlicher Gewalt
  • Drohung mit der Nichtzahlung von Gehalt

Allerdings kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, ob tatsächlich ein Anfechtungsrecht gegeben ist. Bei der Drohung mit einer Strafanzeige kommt es z.B. vergleichbar der Drohung mit einer Kündigung darauf an, ob ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation eine Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Es kommen auch Fälle vor, in denen Arbeitgeber versuchen, ihre Arbeitnehmer durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen. In diesen Fällen wird dem Arbeitnehmer zumeist vorgetäuscht, dass sein Arbeitsplatz in absehbarer Zeit ohnehin wegfallen würde und er sich mit der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages immerhin noch eine – wenn auch bescheidene – Abfindung sichern könne.

Bringt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine bewusste Täuschung dazu, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, kann dem Arbeitnehmer das Recht zustehen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten (§ 123 BGB).

Beispiel:

Der Arbeitgeber behauptet am 30. Mai gegenüber seinem Arbeitnehmer X, er werde seinen Betrieb zum 30. Juni „dicht machen“. Er bietet dem X in diesem Zusammenhang den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an, auf dessen Grundlage das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni enden und der X eine Abfindung in Höhe von 3.000,00 EUR erhalten soll. X ist der Meinung, ihm bleibe wohl nichts anderes übrig, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb ohnehin schließen will, und unterschreibt den Aufhebungsvertrag. In Wirklichkeit beabsichtigt der Arbeitgeber jedoch gar nicht die Schließung seines Betriebes, er will diesen vielmehr unverändert und auf unabsehbare Zeit fortführen. Nur den X will er so schnell wie möglich „loswerden“.

Ergebnis: X kann den Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Weitere Informationen zum Aufhebungsvertrag finden Sie hier.

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