Betriebsratsanhörung vor Kündigung durch den Arbeitgeber

Besteht im Betrieb des zu kündigenden Arbeitnehmers ein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber diesen vor Ausspruch der Kündigung anhören (§ 102 BetrVG). Ähnliches gilt im öffentlichen Dienst. Dort muss der Personalrat vor Ausspruch der Kündigung beteiligt werden.

Die Pflicht zu Anhörung des Betriebsrats besteht bei jeder Kündigung, u.a.

  • bei der ordentlichen Kündigung
  • bei der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung
  • bei einer Kündigung in der Probezeit
  • bei einer Kündigung vor Arbeitsantritt
  • bei einer vorsorglichen Kündigung
  • bei einer Wiederholungskündigung
  • bei einer Änderungskündigung
  • bei einer Massenkündigung

Es kommt nicht darauf an, ob auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet oder nicht. Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, muss der Betriebsrat zu der Kündigung angehört werden.

Auch in Eilfällen muss der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.

Unerheblich ist auch die Art des Arbeitsverhältnisses. Der Betriebsrat muss bei der Kündigung jedes Arbeitsverhältnisses angehört werden, also u.a. auch bei

  • befristeten Arbeitsverträgen
  • Teilzeit-Arbeitsverhältnissen
  • geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen („400-Euro-Jobs“)
  • Aushilfsarbeitsverhältnissen
  • Probearbeitsverhältnissen

Die Anhörung des Betriebsrats muss vor Ausspruch der Kündigung stattfinden. Eine Anhörung nach Ausspruch genügt nicht, die Kündigung wäre unwirksam.

Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dasselbe gilt, wenn die Anhörung fehlerhaft war, insbesondere wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ausführlich genug über die beabsichtigte Kündigung unterrichtet hat.

Ist eine Kündigung wegen nicht erfolgter oder fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam, kann der Arbeitgeber dies nicht dadurch korrigieren, dass er die Anhörung nachholt bzw. ergänzt. Die Unwirksamkeit der Kündigung kann nicht nachträglich geheilt werden.

Selbst wenn der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hatte, ist und bleibt die Kündigung unwirksam.

Inhalt der Unterrichtung

Zur Anhörung des Betriebsrats gehört die umfassende Unterrichtung über die beabsichtigte Kündigung, insbesondere muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitteilen. Denn der Betriebsrat soll in die Lage versetzt werden, sich selbst Gedanken über die Kündigung zu machen und diese dem Arbeitgeber mitzuteilen.

Informationen, die dem Betriebsrat bereits bekannt sind, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen des Anhörungsverfahrens nicht noch einmal ausdrücklich mitteilen. Allerdings trägt der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess die Beweislast dafür, dass dem Betriebsrat bestimmte Informationen bekannt waren. Er kann den Prozess verlieren, wenn er den entsprechenden Beweis nicht führen kann.

Allgemeine Informationen zum Arbeitnehmer

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat zunächst über die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers informieren. Dies gilt auch bei Massenentlassungen.

Im einzelnen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat grundsätzlich folgende Informationen geben:

  • Vor- und Nachname des zu kündigenden Mitarbeiters
  • Grundlegende Sozialdaten: Alter, Familienstand, Zahl der Kinder, Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Umstände, die geeignet sind, einen besonderen Kündigungsschutz zu begründen (z.B. Schwerbehinderung, Schwangerschaft, …)

Sind dem Betriebsrat diese Informationen nicht vollständig mitgeteilt worden, ist die Betriebsratsanhörung in der Regel fehlerhaft und die entsprechende Kündigung unwirksam.

Informationen zur Kündigung

Neben der Unterrichtung über den zu kündigenden Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber auch über die beabsichtigte Kündigung informieren. Dazu gehören die folgenden Informationen:

  • Art der auszusprechende Kündigung (ordentliche / außerordentliche Kündigung, Änderungskündigung)
  • Kündigungsfrist
  • beabsichtige Kündigungstermin
  • bei ordentlicher Kündigung und Anwendbarkeit des KSchG: ob es sich um eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung handelt

Informiert der Arbeitgeber den Betriebsrat über diese Umstände unvollständig, ist die Betriebsratsanhörung ebenfalls in der Regel fehlerhaft und damit die Kündigung unwirksam.

Kündigungsgründe

Nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch die Gründe für die Kündigung mitzuteilen.

Bei der Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der sogenannte Grundsatz der „subjektiven Determination“: Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat nur die Gründe mitteilen, die aus seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind.

Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat bestimmte Tatsachen nicht mit, die zur Rechtfertigung der Kündigung eigentlich herangezogen werden könnten, gilt die Betriebsratsanhörung dennoch als ordnungsgemäß. Für Tatsachen, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, gilt aber im Kündigungsschutzprozess eine Art Verwertungsverbot. Mit dem Betriebsrat nicht mitgeteilten Tatsachen darf der Arbeitgeber seine Kündigung im Kündigungsschutzprozess nicht begründen (kein „Nachschieben“ von Kündigungsgründen). Dies bedeutet, dass sich allein aus den vom Arbeitgeber mitgeteilten Tatsachen die Wirksamkeit der Kündigung ergeben muss.

Bei einer Kündigung im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes bedeutet dies, dass in der Mitteilung an den Betriebsrat alle Tatsachen enthalten sein müssen, die die Kündigung als personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen.

Auch wenn der Arbeitgeber selbst entscheiden kann, auf welche Gründe er die Kündigung stützen will und seine Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsrat entsprechend begrenzt ist, so muss der Arbeitgeber den Betriebsrat aber dennoch

  • wahrheitsgemäß und
  • vollständig

informieren.

Der Arbeitgeber ist zur wahrheitsgemäßen Information des Betriebsrats verpflichtet und darf diesen insbesondere auch nicht Irreführen. Zudem muss der Arbeitgeber den Grund, auf den er die Kündigung stützen will, vollständig angeben. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch solche Umstände mitteilt, die gegen eine Kündigung sprechen, z.B. bei einer verhaltensbedingten Kündigung Umstände, die den Arbeitnehmer entlasten. Die Unterrichtung ist auch dann nicht ordnungsgemäß erfolgt, wenn der Arbeitgeber die Kündigungsgründe nur pauschal oder schlagwortartig beschreibt.

Der Betriebsrat muss durch die Unterrichtung in die Lage versetzt werden, sich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Kündigung ein eigenes Bild zu machen, ohne eigene Nachforschungen anstellen zu müssen.

Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, auf das das KSchG nicht anwendbar ist

Auch wenn aus das Arbeitsverhältnis des zu kündigenden Mitarbeiters das KSchG keine Anwendung findet, z.B. weil die Kündigung noch innerhalb der ersten 6 Monate ausgesprochen werden soll, muss der Arbeitgeber eine Angabe zum Grund bzw. zum Anlass der Kündigung machen. Teilt der Arbeitgeber überhaupt keinen Grund für die Kündigung mit, ist die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Übersicht zu den Folgen eines Verstoßes gegen die Anhörungspflicht

Art des VerstoßesFolge
Keine Anhörung des BetriebsratsKündigung immer unwirksam
Unvollständige Angaben zum ArbeitnehmerKündigung in der Regel unwirksam
Unvollständige Angaben zur KündigungKündigung in der Regel unwirksam
„Unvollständige“ Angaben zum KündigungsgrundKündigung in der Regel unwirksam,Ausnahme: bereits der mitgeteilte Sachverhalt rechtfertigt für sich allein die Kündigung

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