Wie der Betriebsrat den Einsatz von Leiharbeitern verhindern kann

Der Einsatz von Leiharbeitnehmern ist in vielen Betrieben inzwischen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Für den Arbeitgeber bringt die Beschäftigung von Leiharbeitern ja auch viele Vorteile. Betriebsräte sehen den Einsatz von Leiharbeitnehmern in ihrem Betrieb dagegen in der Regel äußerst ungern. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ein wichtiger Grund ist sicherlich, dass durch den häufig übertriebenen Einsatz von Leiharbeitern eine Art zweite Belegschaft (“Schattenbelegschaft”) neben der Stammbelegschaft aufgebaut wird. Dabei besteht die Gefahr, dass die im Betrieb vorhandene Arbeitsmenge in einem schleichenden Prozess von den Stammarbeitnehmern auf die Leiharbeitnehmer übertragen wird. Mit dem übermäßigen Einsatz von Leiharbeitnehmern geht deshalb häufig ein Abbau der Stammbelegschaft einher. Es versteht sich von selbst, dass der Betriebsrat aus diesem Grund ein starkes Interesse daran hat, den übermäßigen Einsatz von Leiharbeitern zu verhindern.

Was aber kann der Betriebsrat gegen den Einsatz von Leiharbeitern tun?

Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz auch bei dem Einsatz von Leiharbeitern mitzubestimmen. Will der Arbeitgeber einen Leiharbeitnehmer einsetzen, handelt es sich dabei grundsätzlich um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG. Deshalb braucht der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats, bevor er einen Leiharbeiter einsetzen darf. Diese Zustimmung braucht der Betriebsrat solange nicht zu erteilen, bis er vom Arbeitgeber über den beabsichtigten Einsatz des Leiharbeiters umfassend und vollständig informiert worden ist. Hat der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß informiert, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zum Einsatz des Leiharbeiters unter bestimmten Voraussetzungen verweigern. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht, darf der Arbeitgeber den Leiharbeiter nicht einsetzen.

1. Keine Zustimmung vor vollständiger Information durch Arbeitgeber

Zunächst sollte der Betriebsrat sorgfältig prüfen, ob er vom Arbeitgeber über den beabsichtigten Einsatz des Leiharbeitnehmers vollständig unterrichtet worden ist

Im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Leiharbeitnehmers hat der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat insbesondere die folgenden Angaben zu machen:

  • Personalien wie Name, Alter, Geschlecht

  • Qualifikation

  • Beginn des Einsatzes

  • Dauer des Einsatzes

  • vorgesehener Arbeitsplatz

  • auszuführende Tätigkeit

  • erforderliche Qualifikation

  • vorgesehene Arbeitszeit

  • Auswirkung des Einsatzes auf die Stammbelegschaft

Außerdem kann der Betriebsrat verlangen, dass der Arbeitgeber den mit dem Leiharbeitsunternehmen abgeschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorlegt.

Solange der Betriebsrat noch nicht vollständig über den beabsichtigten Leiharbeitereinsatz unterrichtet worden ist, braucht der Betriebsrat seine Zustimmung zu diesem Einsatz nicht zu erteilen. Die einwöchige Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beginnt in diesem Fall nicht zu laufen. Allerdings sollte der Betriebsrat den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist darauf hinweisen, welche Informationen ihm noch fehlen.

2. Verweigerung der Zustimmung

Hält sich der Betriebsrat für ausreichend informiert, sollte er genau prüfen, ob einer der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Es gibt insbesondere 3 in Betracht kommende Zustimmungsverweigerungsgründe, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Leiharbeitern recht häufig vorliegen:

Verstoß gegen Pflicht zur innerbetrieblichen Ausschreibung des Arbeitsplatzes

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung der Stelle im Betrieb unterblieben ist. Die Pflicht des Arbeitgebers zur innerbetrieblichen Ausschreibung besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich auch für solche Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber mit Leiharbeitern besetzen will. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat die innerbetriebliche Ausschreibung zuvor nach § 93 BetrVG verlangt hat.

Die Pflicht des Arbeitgebers zur vorherigen innerbetrieblichen Ausschreibung des Arbeitsplatzes besteht auch dann, wenn der Arbeitsplatz nur kurzfristig mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll.

Hat der Betriebsrat vorher die innerbetriebliche Ausschreibung des Arbeitsplatzes verlangt, den der Arbeitgeber mit einem Leiharbeiter besetzen will, und ist der Arbeitgeber seiner sich daraus ergebenden Ausschreibungspflicht nicht nachgekommen, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zum Einsatz des Leiharbeiters gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG verweigern.

Arbeitgeber hat nicht geprüft, ob der Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten besetzt werden kann

Eine weitere Möglichkeit zur Verweigerung der Zustimmung zum Einsatz eines Leiharbeiters ergibt sich für den Betriebsrat häufig aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Verbindung mit § 81 SGB IX.

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn diese gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen würde. Ein solche gesetzliche Vorschrift ist § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Nach dieser Vorschrift sind Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX muss der Arbeitgeber bei der Durchführung dieser Prüfung die Schwerbehindertenvertretung beteiligen und den Betriebsrat anhören. Außerdem ist der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX dazu verpflichtet, frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen.

Hat der Arbeitgeber – bevor er den Betriebsrat um Zustimmung zum Einsatz eines Leiharbeiters ersucht – nicht in ausreichendem Maße geprüft, ob der entsprechende Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, hat der Betriebsrat das Recht, die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers zu verweigern. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Beschluss vom 23.06.2010 entschieden (BAG, Beschluss vom 23.06.2010 – 7 ABR 3/09).

Der Betriebsrat kann also seine Zustimmung zum Einsatz des Leiharbeiters nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn

  • der Arbeitgeber nicht geprüft hat, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann oder

  • der Arbeitgeber keinen Kontakt zur Arbeitsagentur aufgenommen hat, um dies zu prüfen.

Dauerhafter Einsatz eines Leiharbeitnehmers

Nach einer meiner Ansicht nach zutreffenden in der Literatur vertretenen Auffassung hat der Betriebsrat auch dann das Recht, seine Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeiters zu verweigern, wenn  der Einsatz dauerhaft und nicht nur “vorübergehend” erfolgen soll (so z.B. Hamann, jurisPR-ArbR 13/2012 Anm. 2; Brors, juris-PR-ArbR 16/2012 Anm.6; Ulber, AiB 2012, 7, 9). Denn in diesem Fall verstößt die Einstellung des Leiharbeinehmers gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nur vorübergehend erfolgt.

Bislang ist allerdings noch nicht höchsrichterlich entschieden, ob dem Betriebsrat in den Fällen der nicht nur vorübergehenden Einstellung eines Leiharbeiters ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zusteht. Diese Frage wird noch vom Bundesarbeitsgericht zu klären sein. Ein entsprechendes Rechtsbeschwerdeverfahren ist dort bereits anhängig.

Ebenfalls noch unklar ist, wann der Einsatz eines Leiharbeitnehmer nicht mehr nur “vorübergehend” ist. Als mögliche Grenzen werden in diesem Zusammenhang Zeiträume von 3 Monaten, 6 Monaten und einem Jahr genannt.

Weitere Zustimmungsverweigerungsgründe

Es gibt noch eine Reihe weiterer Zustimmungsverweigerungsgründe, an die der Betriebsrat denken sollte, wenn er sich mit der Einstellung von Leiharbeitern zu befassen hat. Insbesondere in den folgenden Fällen kommt eine Verweigerung der Zustimmung in Betracht:

  • der Verleiher verfügt nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 AÜG
  • es besteht die Gefahr der Kündigung oder Versetzung eines Stammarbeitnehmers
  • es gibt schwerbehinderte Menschen, die einen Anspruch auf den zu besetzenden Arbeitsplatz haben, § 81 Abs. 4 SGB IX
  • es gibt im Betrieb Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, vgl. § 9 TzBfG
  • es gibt im Betrieb Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen, die für den zu besetzenden Arbeitsplatz in Betracht kommen (problematisch)

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