Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Einstellung, Eingruppierung und Versetzung

In Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Maßnahme

  • umfassend zu informieren und
  • die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Solange der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilt hat, darf der Arbeitgeber die Maßnahme nicht durchführen. Will der Arbeitgeber die beabsichtigte Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung dennoch vornehmen, muss er die Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats

Was aber kann der Betriebsrat machen, wenn der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet und eine personelle Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats einfach durchführt?

Antrag auf Rückgängigmachung

Das Gesetz gibt dem Betriebsrat in diesen Fällen die Möglichkeit, beim Arbeitsgericht den Antrag zu stellen, dem Arbeitgeber aufgegeben wird, den Einsatz des Leiharbeitnehmers rückgängig zu machen (§ 101 BetrVG).

Damit dieser Antrag des Betriebsrats Aussicht auf Erfolg hat, müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

  1. Betriebsrat hat seine Zustimmung zu der personellen Maßnahme nicht erteilt.
  2. Die Zustimmung gilt auch nicht wegen Fristablauf als erteilt (§ 99 Abs. 3 BetrVG).
  3. Die Zustimmung des Betriebsrats ist nicht vom Arbeitsgericht ersetzt worden.

Bei der zweiten Voraussetzung ist zu beachten, dass die Frist zur Verweigerung der Zustimmung nicht zu laufen beginnt, bevor der Betriebsrat nicht umfassend über die personelle Maßnahme unterrichtet worden ist.

Für den Erfolg des Antrags des Betriebsrats kommt es nicht darauf an, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zum Einsatz des Leiharbeiters zu Recht nicht erteilt hat. Für den Antrag auf Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme ist es unerheblich, ob ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt oder nicht. Wenn der Arbeitgeber der Meinung ist, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zu Unrecht nicht erteilt hat, weil kein Grund für die Zustimmungsverweigerung vorlag, muss er ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG beim Arbeitsgericht durchführen. Er darf diesen Schritt nicht einfach überspringen.

Hat der Betriebsrat mit seinem Antrag Erfolg, gibt das Arbeitsgericht dem Arbeitgeber per Beschluss auf, die personelle Maßnahme aufzuheben. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss die vorgenommene Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung wieder rückgängig machen. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, ein Zwangsgeld gegen den Arbeitgeber zu verhängen.

Unterlassungsanspruch, § 23 Abs. 3 BetrVG

Mit dem Antrag auf Rückgängigmachung nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat im Einzelfall gegen die Verletzung seines Mitbestimmungsrecht bei einer konkreten personellen Maßnahme vorgehen. Die zukünftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte kann der Betriebsrat mit diesem Antrag nicht erreichen.

Was aber kann der Betriebsrat tun, wenn der Arbeitgeber bereits zum wiederholten Male die Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG verletzt hat und zu befürchten ist, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat auch in Zukunft bei Einstellungen, Eingruppierungen und Versetzungen nicht ordnungsgemäß beteiligen wird?

Das Gesetz räumt dem Betriebsrat bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes die Möglichkeit einen sogenannten Unterlassungsanspruch ein (vgl. § 23 Abs. 3 BetrVG). Hat der Betriebsrat diesen Unterlassungsanspruch mit Erfolg beim Arbeitsgericht geltend gemacht, droht dem Arbeitgeber bei jedem erneuten Verstoß die Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR.

Wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit mehrfach die Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG verletzt hat, wird in der Regel von einem groben Verstoß des Arbeitgebers im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG auszugehen sein, so dass dem Betriebsrat ein entsprechender Unterlassungsanspruch zusteht.

Tipps für das Vorgehen des Betriebsrats

Wenn der Betriebsrat einen Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG feststellt, sollte er natürlich nicht gleich ohne jede Vorwarnung vor das Arbeitsgericht ziehen. Der Betriebsrat sollte den Arbeitgeber bei einer erstmaligen Verletzung seiner Beteiligungsrechte vielmehr zunächst schriftlich auf diesen Gesetzesverstoß hinweisen und ihn auffordern, in Zukunft die Rechte des Betriebsrats zu beachten.

Verletzt der Arbeitgeber dann ein weiteres Mal die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, muss er entscheiden, ob er sich mit einem weiteren Schreiben an den Arbeitgeber wendet, oder ob er die Beachtung seiner Rechte jetzt mit Hilfe des Arbeitsgerichts durchsetzen. In der Literatur wird empfohlen, spätestens nach dem dritten Verstoß des Arbeitgebers einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Geltendmachung der Rechte des Betriebsrats zu beauftragen (vgl. Rudolph, AiB 2012, 167, 169). Hintergrund ist, dass ein Betriebsrat, der Verletzungen seiner Mitbestimmungsrecht immer wieder sanktionslos hinnimmt, an Glaubwürdigkeit verliert. Zudem kann es sein, dass der Betriebsrat durch ein fortdauerndes Untätigbleiben seine eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verletzt. Denn schließlich hat der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und sonstigen rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

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