Allgemeine Grundsätze für alle Kündigungsgründe

Aus der umfangreichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lassen sich bestimmte kündigunsschutzrechtliche Prinzipien ableiten, die für alle drei Kündigungsgründe des Kündigungsschutzgesetzes (personen-, verhaltens-, betriebsbedingte Gründe) von Bedeutung sind.

Arbeitsvertragsbezogenheit

Der Sachverhalt, der eine Kündigung rechtfertigen soll, muss immer einen gewissen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen. Ausreichend für eine Kündigung können stets nur solche Umstände sein, die zu einer konkreten Störung bzw. Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses führen. Dies ist etwa nicht der Fall bei Umständen, die ausschließlich der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sind oder die keinerlei negative Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis oder den Betrieb haben.

Trennungsprinzip

Es sind Fälle denkbar, in denen ein Sachverhalt, auf dessen Grundlage der Arbeitgeber die Kündigung erklärt hat, mehrere der im Kündigungsschutzgesetz aufgezählten Kündigungsgründe (personen-, verhaltens-, betriebsbedingte Gründe) zugleich berührt. In einem solchen Fall spricht man von einem „Mischtatbestand“. Bei Vorliegen eines Mischtatbestandes gilt das Trennungsprinz. Das bedeutet, dass jeder Kündigungsgrund für sich (getrennt) geprüft werden muss. Reicht der Sachverhalt nicht aus, um entweder einen personen-, oder einen verhaltens- oder einen betriebsbedingten Kündigungsgrund abzugeben, ist die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt.

Von der zuvor beschriebenen Konstellation zu unterscheiden sind solche Fälle, in denen die Kündigung vom Arbeitgeber auf mehrere Kündigungssachverhalte gestützt wird. In diesen Fällen ist zunächst jeder Sachverhalt getrennt daraufhin zu untersuchen, ob er die Kündigung rechtfertigt. Ist dies nicht der Fall, wird geprüft, ob nicht alle Kündigungssachverhalte zusammengenommen die Kündigung rechtfertigen kann. Allerdings ist diese Vorgehensweise in der juristischen Literatur nicht unumstritten.

Prognoseprinzip

Die Kündigung ist ein Rechtsinstitut, das zukunftsbezogen ist. Sie ist keine Reaktion auf in der Vergangenheit Geschehenes (insbesondere keine Sanktion für ein Fehlverhalten in der Vergangenheit), sondern dient dazu, Störungen bzw. Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft zu vermeiden.

Voraussetzung für jede Kündigung ist deshalb eine Prognose mit dem Ergebnis, dass das Arbeitsverhältnis in der Zukunft in einem Maße beeinträchtigt sein wird, das eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Dies setzt voraus, dass in der Zukunft mit weiteren Belastungen oder Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist bzw. dass in der Zukunft kein Beschäftigungsbedarf mehr für den Arbeitnehmer besteht. Keinesfalls darf der Kündigungsgrund nur vorübergehender Natur sein.

Erweist sich die Prognose als falsch und fällt der Kündigungsgrund nach dem Zugang der Kündigung aber noch vor Ablauf der Kündigungsfrist weg, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Ultima ratio-Prinzip

Der Arbeitgeber muss bei Ausspruch einer Kündigung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten. Das bedeutet, dass die Kündigung zum Schutz der Interessen des Arbeitgebers geeignet, erforderlich und angemessen sein muss. Nur erhebliche Beeinträchtigungen der Interessen des Arbeitgebers berechtigen zur Kündigung.

Eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist das Ultima ratio-Prinzip: Die Kündigung ist immer letztes Mittel („Ultima Ratio“). Der Arbeitgeber darf eine Kündigung erst dann aussprechen, wenn alle milderen und den Arbeitnehmer weniger belastenden Mittel ausgeschöpft sind. So muss z.B. einer Kündigung, die wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers ausgesprochen wird, in der Regel eine Abmahnung vorausgehen.

Interessenabwägung

Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit ist grundsätzlich bei jeder Kündigung eine Interessenabwägung durchzuführen (dies gilt bei der betriebsbedingten Kündigung nur sehr eingeschränkt). Auf die Waagschale zu legen ist auf der einen Seite das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (Bestandsinteresse) und auf der anderen Seite das Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung (Beendigungsinteresse).

Gleichbehandlungsgrundsatz?

Die Frage, ob bei Ausspruch einer Kündigung der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten ist, ist in Rechtsprechung und juristischer Literatur umstritten. Nach einer Auffassung soll der Gleichbehandlungsgrundsatz im Kündigungsrecht grundsätzlich nicht anwendbar sein. Ob ein ausreichender Grund zur Kündigung vorliegt, soll allein anhand des jeweiligen konkreten Arbeitsverhältnisses zu beurteilen sein.

Eine Einschränkung dürfte aber zumindest für den Fall zu machen sein, dass mehrere Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang eine völlig gleichartige Störung des Arbeitsverhältnisses verursachen. Kündigt der Arbeitgeber dann nur einem der Arbeitnehmer, zeigt er durch sein Verhalten, dass die Störung an sich für ihn offenbar noch kein Grund gewesen ist, der eine Kündigung „bedingt“. Allein der Wunsch des Arbeitgebers, „ein Exempel zu statuieren“, ist noch kein zu einer Kündigung berechtigender Grund.

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